Warum die Rentenpolitik mutlos ist – und wie die bAV helfen kann – Pfefferminzia.de

Politik des Durchwurstelns – Warum die Rentenpolitik mutlos ist und wie die bAV helfen kann

Autor: Alexander Siegmund | Datum: 16. Mai 2025 | Quelle: pfefferminzia.de
„Wir werden die Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen.“ – So steht es im Koalitionsvertrag. Doch was als Zukunftsvision verkauft wird, entpuppt sich als Politik des Durchwurstelns.
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) gilt als zweite Säule der Altersvorsorge – doch gerade kleine und mittlere Unternehmen bleiben oft außen vor. Statt Reformmut herrscht Stillstand und Bürokratie. Rentenexperte Alexander Siegmund analysiert, warum aktuelle Rentenpläne zu kurz greifen – und wie die bAV zum echten Stabilitätsfaktor werden könnte.

Stückwerk statt Struktur

Die Bundesregierung verspricht Stabilität im Rentensystem: Ein gesetzlich fixiertes Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031, die Frühstart-Rente und die geplante Aktivrente sollen Sicherheit schaffen. Finanziert wird all das über Steuermittel – also durch die Allgemeinheit. Kurzfristig mag das beruhigen, doch langfristig ist es weder finanzierbar noch generationengerecht. Ab 2040 drohen jährliche Mehrkosten von über 32 Milliarden Euro – getragen durch höhere Beiträge und massive Zuschüsse. Von nachhaltiger Rentenpolitik kann keine Rede sein.

Die bAV – stark auf dem Papier, schwach in der Praxis

Dabei hätte die betriebliche Altersversorgung das Potenzial, die gesetzliche Rente effektiv zu entlasten. Doch der Koalitionsvertrag bleibt vage: Schlagworte wie Digitalisierung, Transparenz und Portabilität bleiben ohne konkrete Maßnahmen. Wichtige Reformpunkte – etwa die Anpassung des Rückstellungszinses nach §6a EStG oder eine klare Regelung zur Mindestbeitragsgarantie – fehlen völlig. Die Zahlen sprechen für sich:
  • In Großunternehmen nutzen rund 86 % der Mitarbeitenden eine bAV.
  • In Kleinbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten sind es nur 25 %.
Geringverdienende, Teilzeitkräfte und Beschäftigte in prekären Verhältnissen bleiben damit weitgehend ausgeschlossen. Ein echtes Auto-Enrolment-System, eine vereinfachte Geringverdienerförderung und ein Rechtsanspruch auf bAV-Beratung wären dringend nötig – bislang sind sie nur Ankündigungen.

Aktivrente: Gut gemeint, schlecht umgesetzt

Die geplante Aktivrente ab 2026 ist ein positives Signal – sie erlaubt Rentnerinnen und Rentnern, bis zu 2.000 Euro steuerfrei dazuzuverdienen. Doch auch hier zeigt sich: gut gedacht ist nicht gut gemacht. Denn der Bezug einer Teilrente führt zu einer Reduktion des steuerlichen Rentenfreibetrags – ein bürokratischer Stolperstein, der dringend beseitigt werden muss. Zudem ist die bAV bislang nur bei voller gesetzlicher Rente möglich. Wer eine Teilrente bezieht, bleibt ausgeschlossen. §6 BetrAVG gehört dringend reformiert, um die bAV an moderne Erwerbsbiografien anzupassen.

Was KMUs wirklich brauchen

Statt weiter über Bürokratieabbau zu reden, braucht es endlich konkrete Maßnahmen:
  • Abschaffung der Schriftformerfordernis in §4d und §6a EStG
  • Beratungszuschüsse für KMUs, um zwischen Verkauf und Versorgung zu unterscheiden
  • Rechtssicherheit bei Mindestbeitragsgarantie (BOLZ) und der doppelten Verbeitragung
  • Gleichstellung aller fünf Durchführungswege der bAV bei der Förderung
  • Staatlich begleitetes Auto-Enrolment mit Opt-Out, auch außerhalb tarifgebundener Unternehmen

Und die Gewerkschaften?

Das Sozialpartnermodell (SPM) wurde als große bAV-Innovation gefeiert, doch bislang fehlt es an Umsetzung und Akzeptanz. Es gilt nur für tarifgebundene Unternehmen – und ist damit für die Mehrheit der Betriebe irrelevant. Solange die reine Beitragszusage ohne Garantie bleibt, wird das Modell für Beschäftigte unattraktiv sein. Gewerkschaften müssen wieder als aktive Interessenvertreter auftreten – nicht als stille Mitverwalter von Versicherungsprodukten.

Fazit: Der Lack ist ab

Die aktuelle Rentenpolitik trägt den Mantel der Stabilität, doch darunter bleibt alles beim Alten. Statt auf Flickenteppiche aus steuerfinanzierten Einzelmaßnahmen zu setzen, braucht es endlich Strukturreformen mit Mut:
  • Weniger Bürokratie, mehr Verlässlichkeit
  • Klare Rahmenbedingungen für KMUs
  • Eine bAV, die wirklich alle erreicht
Nur ein System, das mit dem demografischen Wandel wächst, kann Altersvorsorge langfristig sichern – alles andere ist Verwaltung der Vergangenheit.
Alexander Siegmund ist Experte für betriebliche Altersversorgung sowie Gründer und Geschäftsführer der KPM Kölner Pensionsmanagement GmbH. Seit über 25 Jahren gestaltet er die Branche aktiv mit – als Rentenberater, Betriebswirt bAV und Master of Pension Management.