Autor: Alexander Siegmund | Datum: 2025-05-14 | Quelle: cash-online.de
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Gesetzliche RENTE
Rentenpolitik: „Die Regierung hat das richtige Ziel, aber den falschen Werkzeugkasten"
Veröffentlichung: 14.05.2025, 08:30 Uhr
Lesezeit 2 min
Siegmund Alexander Siegmund
Warum der große Wurf nur gelingt, wenn auch die betriebliche Altersvorsorge endlich
reformiert wird - und wie ein wirklich zukunftsfähiger Rentenübergang aussehen
muss. Kommentar von Alexander Siegmund, KPM
Siegmund
2026 soll sie kommen: die Aktivrente. Bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei für diejenigen,
die nach dem regulären Renteneintritt weiterarbeiten. Die Idee klingt zunächst charmant: Sie
riecht nach Flexibilität, Fachkräftesicherung, Wissenserhalt und finanzieller
Eigenverantwortung.
Gleichzeitig soll die Aktivrente die gesetzliche Rentenversicherung entlasten und das
Rentensystem mitstabilisieren. Wer länger arbeitet, zahlt länger Beiträge ein und bezieht
Rentenpolitik: „Die Regierung hat das richtige Ziel, aber den falschen Werkzeugkasten“
Rentenpolitik: „Die Regierung hat das richtige Ziel, aber den falschen Werkzeugkasten" | Cash.
später Rente. Dadurch stehen der Rentenversicherung mehr Mittel zur Verfügung, während
die Zahl der Leistungsbezieher:innen kurzfristig langsamer wächst. Doch wie so oft im
deutschen Rentenrecht gilt: Die Umsetzung bleibt hinter dem Anspruch zurück.
Denn bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Bundesregierung mit politischem Kleingeld
tatsächlich einen Systemumbau finanzieren will. Was als Anreiz für längeres Arbeiten verkauft
wird, ist in Wahrheit ein verkappter Versuch, die Rente mit 70 durch die Hintertür
einzuführen.
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Und machen wir uns nichts vor: Wer die Menschen mit Steuererleichterungen zum
Weiterarbeiten animieren will, statt sich ehrlich zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu
bekennen, betreibt Symbolpolitik statt echter Strukturreform. Der Staat verzichtet auf
Milliarden an Steuereinahmen - geschätzte 2,5 Milliarden jährlich - und kaschiert damit die
eigentlichen Herausforderungen der umlagefinanzierten Rentenversicherung. Das
Rentenniveau wird per Gesetz bis 2031 auf 48 Prozent zementiert, als ob 2032 und die Jahre
danach nicht existieren würden. Nachhaltigkeit im Sinne der Bevölkerung sieht anders aus.
Und was hat das Ganze mit der bAV zu tun?
Während die neue Bundesregierung auf der einen Seite mit den Plänen zur Aktivrente
Flexibilität in puncto Altersversorgung predigt, herrscht auf der anderen Seite absolute
Gesetzesstarre. So wird die betriebliche Altersversorgung in dieser Diskussion fast völlig
ignoriert. Was in Anbetracht der Tatsache, dass die bAV ein zentrales Instrument und eine
essenzielle Säule der ganzheitlichen, zusätzlichen Alterssicherung ist, nahezu einer Frechheit
gleichkommt. Dabei könnte die bAV, klug eingebunden, der entscheidende Hebel für einen
selbstbestimmten, finanziell planbaren Rentenübergang sein.
Was derzeit fehlt, ist ein verbindendes Konzept
Wer über Aktivrente spricht, muss auch die bAV mitdenken - und zwar nicht nur am Rand,
sondern im Zentrum der Diskussion. Denn: Viele Arbeitnehmer:innen möchten im Alter
weder komplett von jetzt auf gleich aussteigen noch auf eine angemessene Versorgung
verzichten. Aber der Gesetzgeber zwingt sie faktisch dazu. Der Paragrad 6
Betriebsrentengesetz (BetrAVG) erlaubt bislang nur die Auszahlung der bAV bei Bezug der
Vollrente - also exakt dem Modell, das durch die Aktivrente aufgelockert werden soll.
Dieses Regelwerk ist nicht nur widersprüchlich, sondern aus der Zeit gefallen. Ein flexibler
Übergang in den Ruhestand wird damit blockiert, obwohl politisch angeblich genau dieser
gefördert werden soll. Die bAV müsste daher nicht nur mitgedacht, sondern aktiv reformiert
werden: Gesetzesänderungen, steuerrechtliche Klarstellungen, Anpassungen im Arbeitsrecht
und vor allem eine Entlastung der Unternehmen durch einfache, digitale
Umsetzungsmechanismen. Denn wenn niemand die gesetzlichen Regelungen versteht, wie
sollen diese dann im Interesse von Unternehmen und Arbeitnehmer:innen verstanden sowie
auch förderlich umgesetzt werden?
Mein Appell: Aktivrente und bAV sind keine Gegensätze. Sie könnten sich ergänzen. Sie
könnten gemeinsam eine neue Rentenkultur einleiten - gleiten statt kappen. Planen statt
ausscheiden. Aber dafür braucht es Mut. Mut, alte Zöpfe abzuschneiden und ein System zu
bauen, das nicht mehr zwischen gesetzlich und betrieblich trennt, sondern das Alter in seiner
Vielfalt ernst nimmt. Und in Zeiten des demografischen Wandels sowie eines sich immer
mehr verschärfenden Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, die Potenziale und
nutzbaren Wechselwirkungen aus bAV und Aktivrente zu verschlafen.
Wenn die neue Bundesregierung mit ihrer geplanten Rentenpolitik wirklich etwas verändern
will, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, muss sie aufhören, Symptombekämpfung mit
Zukunftsgestaltung zu verwechseln.
Alexander Siegmund ist Experte für betriebliche Altersversorgung. Er ist Gründer und
Siegmund
Geschäftsführer der KPM Pension & Benefits GmbH.
Versicherungen Finanzberater
Investmentfonds
Immobilien
& Sachwertanlagen
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