Zukunftssicher oder steuerlich ausgehöhlt?
Autor: Alexander Siegmund | Datum: 30. Mai 2025 | Quelle: finanzwelt.deDie Politik preist die gesetzliche Rente als stabil – doch zentrale Baustellen in der betrieblichen Altersversorgung bleiben ungelöst.Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD verspricht Stabilität im Rentensystem: Ein festgeschriebenes Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031, eine Frühstart-Rente für Eltern sowie eine Aktivrente für ältere Erwerbstätige sollen Sicherheit schaffen. Doch diese Stabilität wird vor allem durch Steuermittel, also durch die Taschen aller Bürger, finanziert. Kurzfristig mag das beruhigen – langfristig jedoch verschärft es bestehende Probleme. Insbesondere die betriebliche Altersversorgung (bAV), also die zweite Säule des Rentensystems, wird im aktuellen Koalitionsvertrag stiefmütterlich behandelt. Dabei wäre genau hier eine Modernisierung dringend notwendig – nicht nur wegen des demografischen Wandels, sondern auch, um faire steuerliche und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Rechtsunsicherheit bei Garantien: BOLZ braucht gesetzliche Klarheit
Bei der beitragsorientierten Leistungszusage (BOLZ) verpflichtet sich der Arbeitgeber, festgelegte Beiträge in eine Versorgungsanwartschaft umzuwandeln. Im Gegensatz zur Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) gibt es hier keine gesetzlich vorgeschriebene Mindestgarantie. In der Praxis führt das dazu, dass häufig Garantieniveaus zwischen 60 und 80 Prozent vereinbart werden. Das ermöglicht zwar renditeorientiertere Anlagestrategien, bringt aber auch rechtliche Unsicherheiten mit sich. Ohne klare gesetzliche Vorgaben, wie viel tatsächlich garantiert werden muss, entstehen Interpretationsspielräume und potenzielle Rechtsstreitigkeiten. Eine gesetzliche Mindestabsicherung wäre längst überfällig – ohne die Flexibilität der Modelle zu gefährden.Steuerliche Fiktion: Der 6%-Zins in § 6a EStG gehört abgeschafft
Ein weiteres Relikt aus einer anderen Zeit ist der 6-Prozent-Zins bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG. Dieser Satz stammt aus dem Jahr 1982 – und ist heute völlig realitätsfern. Während handelsrechtlich längst gleitende, marktgerechte Zinsen Anwendung finden, bleibt das Steuerrecht auf einem starren, veralteten Niveau stehen. Die Folge: Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen werden steuerlich benachteiligt, weil sie Rückstellungen zu niedrig ansetzen müssen – und dadurch höhere Steuerlasten tragen. Eine Absenkung des Zinssatzes auf ein realitätsnahes Niveau würde nicht nur für Gleichbehandlung im Steuerrecht sorgen, sondern auch die Investitionsspielräume der Unternehmen erweitern.Fazit: Reformen sind überfällig
Während die Politik Stabilität verspricht, bleibt sie bei den steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der bAV in der Vergangenheit stecken. Es ist höchste Zeit, die Grundlagen zu modernisieren – um die betriebliche Altersversorgung zukunftssicher, gerecht und praktikabel zu gestalten.Alexander Siegmund ist Experte für betriebliche Altersversorgung sowie Gründer und Geschäftsführer der KPM Pensions & Benefits GmbH.

