Rente als Problemfall Mit diesem Plan könnte die Merz-Regierung endlich Lösungen schaffen

Rente als Problemfall: Mit diesem Plan könnte die Merz-Regierung endlich Lösungen schaffen

Autor: Amy Walker | Datum: 25. Juli 2025 | Quelle: merkur.de

Die Herausforderungen rund um die Altersvorsorge nehmen stetig zu. Dabei konzentriert sich die Aufmerksamkeit häufig auf die gesetzliche Rentenversicherung, obwohl sie allein nicht ausreicht, um den Lebensstandard im Alter zu sichern.


Drei Säulen der Altersvorsorge – aber eine schwächelt

Das deutsche Rentensystem basiert auf drei Säulen: gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge. Nur das Zusammenspiel dieser Bereiche soll den Ruhestand finanziell absichern.
Doch gerade bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) zeigt sich ein großes Defizit: Ihre Verbreitung stagniert.

Laut der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) gab es 2023 rund 20 Millionen Anwartschaften auf eine bAV – einschließlich Mehrfachanwartschaften. Das bedeutet: Rund die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland hat keine Betriebsrente.

Diese Lücke belastet langfristig auch den Staat, denn immer mehr Rentner:innen erhalten Zuschüsse. Schon heute bekommen über 1,1 Millionen Menschen einen Grundrentenzuschlag, weil ihre gesetzliche Rente nicht reicht.


Fehlendes Wissen und Überforderung in Unternehmen

Ein wesentlicher Grund für die geringe Verbreitung liegt im mangelnden Wissen – sowohl bei Arbeitnehmer:innen als auch bei Arbeitgeber:innen. Viele wissen gar nicht, welche Ansprüche sie haben oder welche Modelle existieren.

Rentenberater Alexander Siegmund erklärt: „Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen werden hier alleine gelassen. Sie haben oft nicht die Kapazitäten, sich intensiv damit zu befassen – und schließen einfach irgendeinen Versicherungsvertrag.“

Große Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden dagegen häufig strukturierte und transparente bAV-Modelle an. „Das hat dort System“, so Siegmund. „Bei KMUs fehlt genau diese Unterstützung.“


Worauf Arbeitnehmer Anspruch haben

Zwar gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Betriebsrente, aber Beschäftigte können verlangen, dass ein Teil ihres Bruttogehalts in eine Altersvorsorge umgewandelt wird – die sogenannte Entgeltumwandlung.

  • Der Arbeitgeber entscheidet, in welches Produkt investiert wird.

  • Die Anwartschaften sind unverfallbar – sie bleiben auch bei einem Jobwechsel bestehen.

  • Bei einem Arbeitgeberwechsel kann die bAV mitgenommen werden, sofern beide Betriebe zustimmen.

  • Bei einer Insolvenz sind die Ansprüche über den Pensionssicherungsverein geschützt.


Was die Merz-Regierung plant

Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) will eine Rentenkommission einsetzen, um die bAV zu stärken.

Alexander Siegmund fordert dabei: „Den Unternehmen dürfen keine neuen Pflichten auferlegt werden. Stattdessen braucht es Anreize für bessere betriebliche Vorsorge.“
Er schlägt vor, dass die Regierung Fortbildungen über die Industrie- und Handelskammern (IHK) fördert, um Führungskräfte über die Vorteile und Möglichkeiten aufzuklären.

Eine Pflicht zur Betriebsrente lehnt Siegmund hingegen ab. Das würde nur dazu führen, dass viele KMUs aus Unwissenheit neue Versicherungsverträge abschließen – was vor allem der Versicherungswirtschaft nützt.
Stattdessen befürwortet er ein „Auto-Enrolment“-System mit Opt-out-Option:

Beschäftigte werden automatisch in eine bAV aufgenommen – können aber aktiv widersprechen.


Formen der betrieblichen Altersvorsorge

Die bAV kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden. Neben der bekannten Direktversicherung, die oft hohe Verwaltungskosten und begrenzte Renditen mit sich bringt, gibt es weitere Modelle:

  • Pensionskasse: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge werden in renditestarke Anlagen investiert. Die spätere Auszahlung hängt vom aufgebauten Kapital ab.

  • Pensionsfonds: Ähnlich der Pensionskasse, aber mit größeren Freiheiten bei der Kapitalanlage – z. B. auch in Aktien.

  • Direktzusage: Der Arbeitgeber sagt eigenständig eine spätere Leistung zu. Das erhöht die Liquidität, birgt aber auch ein höheres Risiko bei Insolvenz.

Diese alternativen Modelle sind in Deutschland noch wenig bekannt, bieten aber oft höhere Renditen und mehr Flexibilität. Für Arbeitgeber entsteht dadurch ein echter Wettbewerbsvorteil bei der Fachkräftegewinnung.


Fazit: Chancen statt Pflichten

Die betriebliche Altersvorsorge bleibt eine der größten Stellschrauben für die Stabilität des Rentensystems.
Damit sie funktioniert, braucht es Aufklärung, Digitalisierung und weniger Bürokratie – keine weiteren Pflichtmodelle.

„Die Politik muss die Unternehmen befähigen, nicht belasten“, sagt Siegmund. „Nur so kann die bAV endlich ihr Potenzial entfalten – und zur tragenden Säule der Altersvorsorge werden.“


Quelle: merkur.de, 25. Juli 2025